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Servitization – Geschäftsmodell für die Circular Economy

(6-rok) – Circular Economy umsetzen – eine vielschichtige Herausforderung. Um dies dennoch zu schaffen, müssen Unternehmen in allen Bereichen aktiv werden: Produkte designen, die repariert, auseinandergebaut und recycelt werden können; die Supply Chain anpassen, so dass alte und kaputte Produkte eingesammelt und verwertet werden können; den Einkauf umgestalten, damit recycelte und recycelbare Materialien bevorzugt eingekauft werden; und die Kunden überzeugen, Produkte mit recycelten Komponenten zu kaufen und Produkte nach der Nutzung zurückzugeben. Wie kann das gelingen?

Ein erfolgreicher Ansatz ist Servitization. Servitization beschreibt ein Geschäftsmodell, bei dem neben dem eigentlichen Produkt auch Dienstleistungen und Services angeboten werden. Servitization ist eng mit der Überzeugung verbunden, dem Kunden bei der Lösung seines Problems zu helfen.

Ein Beispiel: Der Hersteller einer Waschmaschine kann davon ausgehen, dass der Kunde in erster Linie das Bedürfnis hat, seine Wäsche zu waschen. Der Kunde möchte nicht unbedingt das Produkt „Waschmaschine“ besitzen, sondern ist an der Nutzung der Waschmaschine und an dem Endergebnis (= saubere Wäsche) interessiert. Klassischerweise verfolgt ein Hersteller primär das Ziel, möglichst viele neue Waschmaschinen zu verkaufen. Probleme oder Defekte bei der Nutzung stellen für den Hersteller dann Zusatzkosten dar, die es zu vermeiden gilt. Bei dem Geschäftsmodell Servitization geht der Hersteller einen Schritt weiter und bietet neben dem Kauf der Waschmaschine z. B. einen Reparaturservice an, entwickelt ein „Rundum-sorglos-Paket“ oder geht soweit, dass der Kunde gar nicht mehr die Waschmaschine kauft, sondern pro Waschgang oder pro Monat einen festen Betrag bezahlt.

In diesem Beispiel wird durch das Geschäftsmodell und den zunehmenden Umfang der Servitization ein wichtiger Schritt in Richtung Circular Economy gemacht. Die Aufzählung macht deutlich, dass der Hersteller sogar Eigentümer der Waschmaschine bleiben kann. Das hat für ihn den Vorteil, dass er das Produkt und die verbauten Materialien nicht aus der Hand gibt und einfacher darauf zurückgreifen kann, um seine Produkte zu reparieren, zu refurbishen oder zu recyceln (vgl. Beitrag Strategien der Circular Economy). Damit wird eine der oben beschriebenen Herausforderungen bereits adressiert und der Hersteller kann beim Produktdesign anfangen, die Produkte so zu entwerfen, dass er wenig Aufwand beim Reparieren oder Recyceln hat.

Servitization hat verschiedene Vorteile sowohl für Unternehmen als auch für Kunden. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht darüber:

Vorteile für UnternehmenVorteile für Kunden
Finanzen– Planbare und kontinuierliche Erlöse
– Hohe Gewinnspanne im Aftersales
– Weniger Investitionskosten
– Fixkosten werden variable Kosten
– Einfachere Bilanzierung
Strategie– Starke Kundenbindung
– Alleinstellungsmerkmal ggü. Wettbewerbern
– Neue Möglichkeit der Differenzierung
– Immaterielle Wettbewerbsvorteile
– Mehr Fokus auf Kernkompetenzen
– Weniger Risiken
– Geringere Barrieren für neuere Produkte oder Technologien
Marketing– Höhere Kundenbindung
– Ausgeprägte Loyalität
– „Fans“ anstatt Kunden
– Lernen über Kundenbedürfnisse und Nutzungsverhalten
– Möglichkeiten des Cross Sellings
– Mehr Flexibilität
– Mehr Fokus auf das Kerngeschäft

In der Spanne zwischen Produktverkäufer und Serviceanbieter gibt es verschiedene Abstufungen. Es wird zwischen Basic, Intermediate und Advanced Services unterschieden. Basic Services sind sehr stark Produkt-orientiert (z. B. Ersatzteile, Garantien, Beratung). Intermediate Services sind Nutzen-orientiert und gehen einen Schritt weiter, indem der Hersteller einen größeren Anteil der Tätigkeiten selber übernimmt und oft ein anderes Vertragsmodell gewählt wird (z. B. Wartung und Service von Maschinen, Installation von Geräten, Schulungen, Vertragsmodelle wie Leasing, Miete, Sharing oder Pooling). Advanced Services schließlich sind Ergebnis-orientiert. Der Kunde kauft kein Produkt, sondern das Ergebnis, das er mit dem Produkt erzielt. Der Hersteller kümmert sich dementsprechend um alles, damit das Produkt, die Maschine oder das Gerät rund um die Uhr einsatzbereit ist (z. B. Pay-per-use, Full-Service-Verträge, garantierte Maschinenverfügbarkeiten).

Bild: Basic, Intermediate und Advanced Services mit zunehmender Bedeutung des Service-Anteils

Servitization kann von Unternehmen als Strategie genutzt werden, um strategische Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Neben den Vorteilen in Hinblick auf die Umsetzung der Circular Economy ist Servitization vor allem dazu in der Lage, langfristige, vertrauensvolle Kundenbeziehungen aufzubauen. Damit kann sich ein Unternehmen als Qualitätsführer im Markt positionieren. Somit profitieren zum einen die Hersteller, die ihre Kunden binden und einen engen Einblick in die Kundenbedürfnisse und deren Nutzungsverhalten gewinnen, und zum anderen die Kunden, die kleinere und planbare Ausgaben haben und sich stärker auf ihr eigentliches Kerngeschäft konzentrieren können.

Weiterführende Links und Literatur:
Buch: „Made to Serve – How manufacturers can compete through servitization and product-service-systems“ (Tim Baines und Howard Lightfoot, Verlag John Wiley & Sons, 2013).

https://www.rolls-royce.com/media/our-stories/discover/2017/totalcare.aspx

https://www.accenture.com/us-en/blogs/industry-digitization/servitization-as-a-product-strategy

https://www.forbes.com/sites/forbesbusinessdevelopmentcouncil/2020/09/01/why-you-should-prioritize-the-circular-economy-and-how-servitization-can-enable-circular-strategies/

https://www.researchgate.net/publication/344840042_Circular_Economy_Business_Models_with_a_Focus_on_Servitization

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