(10-rok) Chaos bei den Lieferketten – seit Corona-Lockdowns in chinesischen Häfen, dem Suezkanal-Zwischenfall der „Ever Green“, Containerschiff-Staus auf den Weltmeeren oder politischen Unsicherheiten in Folge des Kriegs in der Ukraine kommt es auf den weltweit vernetzten Lieferketten immer öfter zu Problemen.
Im privaten Bereich spüren wir vermehrt die Auswirkungen davon: Die Lieferzeiten für die neue Waschmaschine oder das neue Fahrrad werden immer länger und unabsehbarer und die Preise steigen immer weiter an.
Aber auch die Industrie kommt durch die Lieferengpässe immer stärker in Bedrängnis. Die Probleme in den Lieferketten führen dazu, dass immer mehr produzierende Unternehmen Schwierigkeiten haben, Materialien für ihre Produktion in ausreichender Menge und zum richtigen Zeitpunkt zu beschaffen.
Was hat das Ganze nun mit Circular Economy zu tun?
Viele Unternehmen werden aktuell dazu gedrängt sich zu überlegen, welche Alternativen sie für die Beschaffung ihrer Materialien nutzen können. Ein zentraler Weg ist dabei, auf gebrauchte und ausrangierte Produkte zurückzugreifen. Diese können eine attraktive Quelle für Materialien sein. Aus Unternehmenssicht ist es dabei wichtig, Zugriff auf alte, gebrauchte und ausrangierte Produkte zu haben. Daher gehen viele Unternehmen gerade dazu über,
- Ihren Kunden Angebote zum Rückkauf gebrauchter Geräte zu machen,
- Neue Geräte nicht mehr zu verkaufen, sondern zu leasen (und somit stets der Eigentümer des Produktes zu bleiben),
- Gebrauchte Produkte als Materialquelle zu nutzen oder
- Pools mit gebrauchten Geräten aufzubauen.
Siehe z. B. Hilti`s Ansatz zu „Nachhaltigkeit durch Ciruclar Economy“ (in Englisch: https://www.hilti.com/content/hilti/W1/US/en/business/business/equipment/fleet/circularity.html)
Im Kern führt dies zu Phänomenen, die ganz im Sinne der Circular Economy sind:
Erstens werden kostbare Materialien aus alten Produkten ausgebaut und für die Neuproduktion recycelt. Dadurch werden die Materialien erhalten und sinnvoll einem „neuen Leben“ zugeführt.
Zweitens werden gebrauchte Produkte vermehrt repariert oder aufbereitet, um sie weiter zu nutzen. Damit werden einmal produzierte Produkte länger und intensiver genutzt.
Drittens werden dadurch alternative Beschaffungswege für Materialien aufgebaut. Das führt dazu, dass Unternehmen schrittweise unabhängiger werden von der Beschaffung von Primärrohstoffen, die „neu“ aus der Erde abgebaut werden müssen.
In Summe wird dadurch das wirtschaftliche Handeln zumindest teilweise vom Verbrauch an Primärrohstoffen entkoppelt.
Dass Unternehmen nun anfangen, mehr zu reparieren, aufbereiten und recyceln, hängt vor allem damit zusammen, dass die Kosten für die bisherige Beschaffung durch die Lieferkettenprobleme deutlich gestiegen sind. Dadurch sind Reparatur und Recycling nun plötzliche attraktiver geworden und es macht wirtschaftlich Sinn, dies zu tun.
Politische Ziele und Regularien (z. B. das „Right to Repair“ oder „EU Pathway to Circular Economy“), Kundenforderungen nach mehr Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeitsbestrebungen von Unternehmen selbst spielen sicherlich auch eine Rolle dabei, dass Unternehmen Schritt für Schritt mehr in Richtung Nachhaltigkeit und Circular Economy gehen.
Allerdings sieht man aktuell, dass ökonomische Überlegungen und Zwänge die stärksten Hebel sind, um ein neues und nachhaltiges Denken in der Wirtschaft umzusetzen.
Weiterführende Links und Literatur:
- DIHK-Umfrage zu Lieferengpässen und Rohstoffknappheit: https://www.dihk.de/de/themen-und-positionen/wirtschaftspolitik/konjunktur-und-wachstum/blitzumfrage-lieferengpaesse
- Rohstoff Müll: Die 800-Milliarden-Euro-Chance der Industrie: https://www.handelsblatt.com/unternehmen/nachhaltigkeit/kreislaufwirtschaft-rohstoff-muell-die-800-milliarden-euro-chance-der-industrie/27751730.html
- So könnte Europa seinen Mangel an Hightech-Metallen lindern: https://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/recycling-von-lithium-das-laesst-sich-gegen-mangel-an-hightech-metallen-tun-a-41798cb4-f2d5-4359-b726-ed9ca99795cc
- Unternehmen stemmen sich gegen Rohstoffknappheit: https://www.dihk.de/de/aktuelles-und-presse/aktuelle-informationen/unternehmen-stemmen-sich-gegen-rohstoffknappheit-52722
- Hilti: Sustainability through Circular Economy:
https://www.hilti.com/content/hilti/W1/US/en/business/business/equipment/fleet/circularity.html